Vintage Aerobatic World Championship





Reisebericht

von Oliver Heupel

Bayerische Kunstflugpiloten räumen bei dem VAWC 2017 in Dänemark ab

 

 

 

Früh am Morgen des 08. August 2017 war es soweit. Die Bücker-Fliegerstaffel aus dem Hangar 3 des Flugplatzes in Landshut warfen die Motoren der Oldtimerflugzeuge an und starteten Richtung Stauning in Dänemark, wo die diesjährige Weltmeisterschaft in der Klasse der historischen Flugzeuge (Vintage Aerobic World Championship, VAWC 2017) ausgetragen werden sollte.

 

 

Bei den Flugzeugen handelte es sich um zwei äußerst seltene Bücker Jungmeister B133 (Bj. 1937 und 1940) sowie einen Bücker Jungmann B131 (Bj. 1936). Alle Flugzeuge wurden kürzlich vollständig und originalgetreu überholt und befinden sich in einem neuwertigen Zustand, obwohl der Erstflug der Flugzeuge teilweise schon 80 Jahre zurückliegt.

 

 

Bei der Weltmeisterschaft antreten sollten die vier Vereinskameraden der „LA-Barnstormers“: Rainer Berndt und Johann Harlander aus Landshut, sowie der Straubinger Bernhard Drummer und Dr. Oliver Heupel aus Passau.

 

 

Aufgrund der geringen Reichweite der historischen Staffel konnte die Strecke in den hohen Norden von Dänemark nur in Etappen durchgeführt werden. Der Transport der gesamten Reiseutensilien musste im Vorfeld geplant werden, da die Mitnahme von Gepäck in einem offenen Doppeldecker nur sehr eingeschränkt möglich ist. Aus diesem Grund wurde die Doppeldeckerstaffel kurzerhand von einem der Wettbewerbspiloten in einem Hubschrauber, samt Gepäck, begleitet.

 

 

Die Erste Etappe führte die tollkühnen Piloten mit ihren fliegenden Kisten zu einem Tankstop an den Flughafen Hof-Plauen. Nach jedem Auftanken musste eine längere Pause zur Abkühlung der mittlerweile 80 Jahre alten Sternmotoren der Fa. Siemens (SH14a) eingelegt werden, da die Motoren durch Drehen des Propellers von Hand gestartet werden müssen und im heissen Zustand nur schlecht anspringen.

 

 

Der nächste Flugabschnitt ging nach Oehna im Teltow-Fläming-Kreis südlich von Berlin, ein letzter Trainingsflug für die Piloten führte hier zum nötigen Feinschliff. Am Flugplatz wurde nach freundlicher Aufnahme der dortigen Fliegerkollegen gegrillt und übernachtet.

 

 

Am darauffolgenden Tag flog die Entourage nach Stauning, zum Flugplatz des Geschehens. Die Streckenführung erfolgte über Stendal und Kiel zu dem schönen, direkt am Nordseestrand gelegenen Flugplatz in Dänemark.

 

 

Die vier Piloten konnten auf diesem Weg zahlreiche unvergessliche Eindrücke gewinnen. So wurde die Staffel von den Fluglotsen in Lübeck beim Durchflug durch die Kontrollzone aufgefordert mit nur wenig Abstand am Kontrollturm vorbei zu fliegen. Hierfür stoppten die Fluglotsen kurzerhand den gesamten Verkehr an dem Flughafen. Der Ausflug aus der Kontrollzone führte danach über die schöne Lübecker Altstadt mit klarem Blick auf das Holstentor.

 

 

Weiter ging es für die Freunde im engen Flugzeugverband über den Timmendorfer Strand, die Kieler Förde, über die Eckernförder Bucht, sowie über weite Strecken am Nord- und Ostseestrand. Sehr schön erleuchtete die Abendsonne die Marineschule Mürwig der deutschen Marine, die direkt am Wasser gelegen unter anderem ein ungeahnter Höhepunkt der Eindrücke war.

 

 

Das Wetter war bei besten Sichten durchweg gut. Nur der Wind nahm in Dänemark deutlich zu. Bei 30 km/h Wind landeten die Doppeldecker sicher auf der komfortabel großen Asphaltpiste in Stauning, wo sie bereits von den dänischen Veranstaltern erwartet wurden.

 

 

Nach dem Parken und Sichern der Doppeldecker und des Hubschraubers für die Nacht, ging es nach dem Abendessen zur Pilotenunterkunft in ein nahegelegenes Ferienhaus.

 

 

Der nächste Tag zeigte sich von seiner besten Seite mit leichter Bewölkung und nur schwachem Wind. Alle Zeichen standen gut, dass der erste Wertungstag erfolgreich verlaufen könnte. Die Bücker Jungmeister B133 mit den Kennzeichen D-EIII und D-EJJI, wurden als die leistungsstärkeren Maschinen für die Wertungsflüge vorbereitet.

 

 

Nach der offiziellen Begrüßung und dem Eröffnungsbriefing ging es auch schon los. Es wurde deutlich, dass sich ein internationales Konglomerat bekannter Kunstflugpiloten zusammengefunden hatte. Ein Platz auf dem Treppchen schien unter den 38 teilnehmenden Piloten nicht so einfach erreichbar zu sein. Piloten aus Schweden, Belgien, Neuseeland, Großbritannien, Dänemark, Polen, Tschechien, der Schweiz und Deutschland waren gemeldet.

 

 

Gestartet wurde in 3 Gruppen, die jeweils ein eigenes Kunstflugprogramm flogen. Die einzelnen Programme zollten den jeweiligen Leistungskategorien der historischen Flugzeuge Aufmerksamkeit.

 

 

Neben den bereits erwähnten Bückerflugzeugen kamen beim Wettbewerb weitere historische Flugzeuge (Stampe, TigerMoth, Saab Saphir, Kramme/Zeuthen 8, Stieglitz FW144, Klemm 35, Zlin 126, DH Chipmunk, u.a.) zum Einsatz. Die vorgeflogenen Maschinen übertrafen alle Erwartungen von den zahlreich erschienenen Zuschauern, die mit unter weite Wege zurücklegten um die Flugzeuge in Aktion zu sehen. So viele Oldies auf einen Schlag sind selbst bei Großflugtagen nicht zu finden. Wichtige Unterstützung bekamen unsere Piloten dann auch noch von Freunden aus Passau, die eigens für die Veranstaltung mit ihrem Flugzeug aus Schärding in Österreich anreisten.

 

 

Das Los wies Olli Heupel als denjenigen aus, der den Wettbewerb eröffnen sollte. Er flog hierfür mit dem Bücker Jungmeister D-EJJI „Liesel Bach“, dem einstigen Flugzeug der deutschen Kunstflugpilotin Liesel Bach (1905-1992) die in den 30iger Jahren Europa- und sogar Weltmeisterin im Kunstfliegen wurde. Er suchte sich ein Kunstflugprogramm hierfür aus, dass die Veranstalter „Tanz das Kleeblatt“ (Dancing the Cloverleaf) nannten. Das Programm bestand neben den Elementen des klassischen Kunstfluges aus Figuren, die so nicht im internationalen Figurenkatalog aufgeführt sind. So folgte hier neben Sturzflügen, Loopings, Kubanischen-Achten, Stall Turns und Rollen eine Kunstflugfigur die im Englischen „Cloverleaf“ (Kleeblatt) genannt wird: die Figur setzt sich aus ingesamt 4 Loopings und 4 x 1/4 Rollen zusammen, so dass nach Vervollständigung der Figur ein vierblättriges Kleeblatt an den Himmel gemalt wurde.

 

 

Bewertet wurde die Qualität des Kunstfluges durch eine Jury aus international bekannten und anerkannten Richtern. Chief-Judge war niemand geringerer als Lars-Göran Arvidsson, der Ehrenpräsident der CIVA (Commision internationale de Voltiere Arienne). Die Jury beurteilte mit einem Punktesystem die Akkuratesse der Geschwindigkeiten, der Bögen, der Winkel und die penibel genaue Abfolge der Figurenfolge. Auch wurde die Positionierung der Figuren in dem Kunstflugraum bewertet. Diese lag direkt nördlich des Flughafens und bildete einen Quader mit jeweils 1000 m Schenkellänge. Hier durfte aus keinen Fall versehentlich ausgeflogen werden, da dies empfindliche Punktabzüge zur Folge gehabt hätte. Bei Geschwindigkeiten jenseits der 300 km/h kann dies schnell passieren.

 

 

Für den Passauer lief der Wettbewerbsauftakt blendend: Er konnte den Flug ohne Fehler beenden und landete wieder sicher auf der Landebahn 27 des Flughafens in Stauning.

 

 

Anschliessend flogen weiter für das deutsche Team die Piloten Rainer Berndt und Johann Harlander aus Landshut, sowie Bernhard Drummer der ebenfalls in Niederbayern lebt.

 

 

Rainer Berndt ist 2. Vorsitzender des Landshuter Luft- sportvereins. Auch Johann Harlander ist hier aktiv: als 1. Vorsitzender der LA-BARNSTORMERS, die sich um den Betrieb und den Erhalt solcher historischen Flugzeuge kümmert.

 

 

Die Piloten konnten für ihre Kunstflugvorführungen auf sehr viel Erfahrung zurückgreifen, die sie bei anderen internationalen Wettbewerben erlangten, die mit modernen Flugzeugen in den höchsten Kategorien geflogen wurden.

 

 

Die Flieger wählten für ihre Vorführung das Kunstflug- programm „Rolling the Circle“ (engl.: Rolle den Kreis) die mit einem schwierigen Rollenkreis endete. Hierfür mussten die Piloten beim Flug einer 270° Kurve drei Rollen um die Längsachse des Flugzeugs fliegen, wobei zwei nach Innen und eine nach Aussen geflogen werden mussten. Auch diese Flüge verliefen erfreulich für die deutschen Flieger, insbesondere überzeugte Bernhard Drummer, der normalerweise in der Kategorie „Unlimited“ antritt, mit einem sehr gut geflogenen Rollenkreis, der exakte Winkel aufwies.

 

 

Da die Wettervorhersage für den kommenden Tag nur ein fliegbares Fenster von 4 Stunden prophezeite, entschloss sich die Wettbewerbsleitung den zweiten Wettbewerbsflug noch am späten Abend durchzuführen. Nach Zustimmung sämtlicher Piloten fanden die Flüge auch noch am gleichen Tag statt und die Piloten aus Niederbayern konnten allesamt den erfolgreichen Kurs fortführen.

 

 

Einzigartig für den Kunstflugwettbewerb von historischen Flugzeuge schloss sich am Folgetag nun noch „Die Aufführung“ (engl.: „The Performance“) an. Diese Kategorie ermöglichte es den Kunstflugpiloten ein selbst gewähltes Programm zu fliegen, dass die fliegerischen und baulichen Grenzen der Oldtimer ausreizt. Geflogen wurde das Programm zu einer von den Piloten selbst gewählten Musikuntermalung. Originell war, um die Synchronität zwischen der Kunstflugvorführung und der Musik zu erreichen, dass die Freunde einen Lautsprecherknopf im Ohr trugen, durch den sie die Musik während des Fluges mithören konnten.

 

 

Das sich 80 Jahre alte Flugzeuge und moderner Kunstflug nicht ausschliessen, konnte durch die Darbietung der Niederbayern eindeutig gezeigt werden, als sich dann das Wetter wie vorhergesagt besserte. Es wurden u.a. Aussenloopings, gerissene Rollen, Rollenkreise, Messerflüge, Trudelfiguren und alle Elemente des klassischen Kunstfluges vorgeflogen.

 

 

Bewertet wurde die „Performance“ neben den Richtern durch alle teilnehmenden Piloten. Das Massband wurde an die Qualität der Luftakrobatik und an die Choreographie gelegt. Eine strenge Jury.

 

 

Der Fluglotse Johann Harlander präsentierte sich von Beginn an gut. Die Einleitung seines spektakulären Programmes war eine gerissene Rolle in einer 45° Abwärtslinie in Richtung der Jury, simultan zum ersten Akkord von „Rock 'n' Roll is King“ des ELO. Es folgte eine Kunstflugvorführung auf einem Niveau, das nur noch von dem belgischen Fliegerkollegen Benoit Dirickx übertroffen worden ist, der eine Kunsflugvorführung mit seinem Bücker Jungmeister mit mehr als 40 Figuren zu „The unlimited Dance“ an den Himmel zimmerte.

 

 

Auch der Landshuter Pilot Rainer Berndt demonstrierte mit seinem Jungmeister ein beeindruckendes Programm, dass auch auf Wettbewerben bestand hätte, wie sie in heutiger Zeit geflogen werden. Als einziger flog er im gesamten Feld einen Aussenlooping mit gerissener Rolle im oberen Scheitelpunkt und erzeugte so bei allen Zuschauern staunen.

 

„Solche niveauvollen und akkuraten Kunstflüge mit historischen Flugzeugen sind ansonsten auf der ganzen Welt nicht zu sehen. Endlich dürfen die Flugzeuge wieder das machen wofür sie gebaut wurden: Träume beflügeln und am Himmel tanzen.“, so der Wettbewerbs-Direktor und Begründer der heurigen Weltmeisterschaft VAWC 2017 Søren Dolriis.

 

 

Abschliessend erlangte Dr. Oliver Heupel den ersten Platz in der Gesamtwertung „Dance the Cloverleaf“ und durfte sich nach der Siegerehrung am Samstag Abend Weltmeister VAWC 2017 nennen. In der Kategorie „Rolling the Circle“ wurden folgende Plätze belegt: Hinter dem Belgier Benoit Dirickx belegte Bernhard Drummer, Rainer Berndt und Johann Harlander die Plätze 2, 3 und 4, so dass das Siegertreppchen niederbayerisch dominiert wurde. Bei „The Performance“ erreichte Johann Harlander die Platzierung des Vizeweltmeisters.

 

 

Der ausgelobte Preis für die Weltmeisterschaft war jeweils eine Magnum-Flasche Champagner. „Die Größe der Flasche wurde so gewählt, das diese nicht in das Flugzeug passt und somit nicht mit nach Hause genommen werden kann.“, teilte Povl Toft, als lokaler Vertreter der Veranstaltungsleitung bei Übergabe mit. Der Genuss des Getränks schloss sich somit gleich an.

 

 

Am folgenden Morgen flog das deutsche Team wieder in Richtung Heimat. Nach einer Übernachtung in Gera landeten alle am 14. August 2017 wieder auf dem Flugplatz in Landshut und stoppten die Motoren vor dem Hangar mit der Nummer 3.